Geschichte der Familie Hillenkamp zu Geseke

Geschichte der Familie Hillenkamp zu Geseke

festgestellt aus den Registern der Stadt- und Stiftspfarre zu Geseke,
in der Stadtpfarre beginnend im Jahre 1612,
in der Stiftspfarre 1621

von Walter Hillenkamp

Als die Stürme des 30jährigen Krieges das deutsche Land durchbrausten, Städte, Dörfer und Gehöfte in Rauch und Flammen aufgingen, die Menschen zu Tausenden dem Schwerte, dem Hunger und der bitteren Not zum Opfer fielen, da fand in der Pfarrkirche „ad St. Cyriacum“ in der alten kurkölnischen Stadt Geseke eine stille Feier statt. Am 18. 0ktober 1643 wurde Jobst Hillenkamp Gertraud Hermesen, die Tochter eines alten, seit Jahrhunderten in Geseke angesessenen und angesehenen Geschlechtes angetraut. Am 7.August 1644 wurde ihnen ein Sohn geboren bzw. getauft, der den Rufnamen Andreas erhielt. Paten waren der Camerarius Andreas Daniels aus ratsbürtigem Geschlecht und die Noverca Lippiensis – die lippische Stiefmutter.

Am 5.Juni 1645 starb Gertraud Hillenkamp, am 26.Septemder 1651 Andreas Hillenkamp.

Am 12. Mai 1647 wurde Jobst Hillenkamp mit Anna Maria Twingen getraut, am 6. Oktober 1651 starb ihnen eine Tochter. Aus ihrer Ehe gingen noch weitere Kinder hervor, von denen jedoch 5, zumeist im jugendlichen Alter, in den Jahren 1665, 1669 drei, bei einer Epidemie unter den Kindern und 1672 den Eltern im Tode vorangingen. Am 26. August 1674 starb Anna Maria Hillenkamp, am 26. Mai 1676 Jobst Hillenkamp als Camerarius. Die einzigen, die Eltern überlebenden Kinder, waren der am 26. September 1655 getaufte Adam Heinrich und Theodor.

Paten bei den Kindern von Jobst Hillenkamp waren stets Mitglieder aus den alten ratsbürtigen Familien der Stadt, Jobst selbst und seine Frau waren bei den Kindern der letzteren Pate. Niemals tritt bei Jobst Hillenkamp einer seines Namens als Pate auf. Nur seine lippische Stiefmutter ist mehrmals Pate. Hieraus dürfte wohl hervorgehen, dass Jobst ein einsamer, aber angesehener Mann war, der sich von Anfang an auf Grund seiner Abkunft, seiner verwandtschaftlichen Beziehungen und vielleicht seines Vermögens Eingang bei den damaligen ratsbürtigen Familien der Stadt zu verschaffen wusste. Woher er kam, was er war, welche Schicksalsschläge ihn veranlasst haben, in Geseke eine neue Heimat zu suchen, darüber wird vielleicht später die Forschung Auskunft geben. Kam er aus lippischen Landen? — Waren seine Vorfahren vielleicht früher in Geseke ansässig gewesen und hatten nach den Truchsess’schen Wirren, weil sie lutherisch geworden, die Stadt verlassen müssen? War er der letzte seines Stammes oder hatten sich seine Verwandten von ihm, der zum Glauben seiner Väter zurückgekehrt war, losgesagt? War er derjenige, von dem es in der Familientradition heißt, dass er in kriegerischer Zeit in das Damenstift zu Geseke berufen sei, um es mit Schwert und Schild zu verteidigen? Im Wappen führte er ein Herz mit zwei Rosenzweigen, als Helmzier drei Rosen, eine Tatsache, die auf lippische Abstammung oder Beziehung schließen lässt.

Über all diese Fragen und Mutmaßungen werden vielleicht die noch nicht durchforschten Akten und Urkunden des Stiftes und der Stadt Geseke, die sich in den Archiven verschiedener westfälischer und anderer Städte befinden, Aufschluss geben können.

Setzen wir voraus, dass Jobst Hillenkamp als erster seines Geschlechtes in Geseke ansässig wurde, so müssen wir annehmen, dass es ein vornehmer, gebildeter Mann aus angesehener Familie war. Der Unterschied zwischen den einzelnen Ständen, zwischen ratsbürtigen und nicht ratsbürtigen Familien war in damaliger Zeit, wenn auch weder ein Kastengeist, noch ein stolzes, hochmütiges Wesen die eine Familie von der anderen ausschloss, vielmehr das Verhältnis der führenden Schichten zu den geführten ein patriarchalisches war, indem die Vertreter der führenden Stände die Rolle des sorgenden Hausvaters übernahmen, der seine Verantwortung der Gesamtheit der Bürgerschaft gegenüber ernst nahm, doch derartig, dass wohl kaum jemand aus einer ratsbürtigen Familie in eine nicht ebenbürtige hineingeheiratet hätte. Eine solche Heirat hätte man als eine „Mesalliance“ angesehen, die allen Konventionen zuwider lief, und der oder die betreffende, die diese hergebrachte Sitte nicht achteten, wären ihres übereilten Schrittes kaum froh geworden.

Ratsbürtig nannte man diejenigen Familien, aus denen die Bürgermeister und die Mitglieder des Rats gewählt wurden bzw. gewählt werden konnten. Zu den ratsbürtigen Familien gehörten in Geseke im 16. und 17.Jahrhundert insbesondere die Familien Hagen, Orth, von denen am: bekanntesten Bernhard ab Hagen, der Kanzler des Kurfürsten von Köln, Konrad ab Orth, der Stifter der Stiftung Orth ab Hagen und dessen Schwester Maria Orth, die Frau des Bürgermeisters Johann Schlaun waren. Die Familien Hagen und Orth waren im Mannesstamme im Anfang des 17. Jahrhunderts in Geseke ausgestorben. Ferner die Familien Schlaun, aus der als hervorragenstes Mitglied der im Juni 1695 in Nörde als Sohn des Heinrich Schlaun und der Agnes Berendes geborene große Barockmeister Johann Conrad Schlaun hervorgegangen ist, zu dessen Schöpfungen bekannte Barockbauten der Stadt Münster und des westfälischen Adels gehören. Hier verdient weiter Erwähnung der Bürgermeister Schlaun, der zur Zeit der Truchsess’schen Wirren allein vom Rat dem Glauben seiner Väter treu blieb und daher flüchten musste, bis ihn der Kurfürst Ernst wieder in sein Amt einsetzte und sein konfisziertes Vermögen zurückgab.

Durch die Heirat von Christoph Hillenkamp mit Elisabeth Saalmann aus Rüthen traten die Nachkommen der beiden über die Familie Schlaun in Blutsverwandtschaft zu dem Stifter Conrad Orth und erhielten dadurch die Anwartschaft und
Berechtigung an den Stiftungsfonds der Orth ab Hagen’sehen Stiftungen. Siehe den Stammbaum der Familie Hillenkamp auf den Stifter Conrad ab Orth.

Die Familie Schlaun scheint im Mannesstamme bereits zu Anfang des 17ten Jahrhunderts in Geseke ausgestorben zu sein. Ein Enkel des Bürgermeisters Johann Schlaun gleichfalls mit Vornamen Johann heiratete nach Rüthen eine Anna Rahm. Dort hat dieses Geschlecht noch lange geblüht.

Es sind ferner noch zu nennen die Familien Rump, Hesse oder Hesso, Brülle, Nolten, Bertram, Temme alias Maes, Bueck, Tilemann, Daniels, Adami, Köninck, Cale, Mattencloidt, Sostmann, Reineri alias Reiners, Smidding, Dieckmann, Brandenburg, Grever, Gladen und andere. Alle diese Familien sind bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts in Geseke ausgestorben.

Durch seine Heirat trat Jobst Hillenkamp zu diesen Familien in verwandtschaftliche und gesellschaftliche Beziehungen. Er wurde, falls seine uns bisher noch unbekannten Vorfahren nicht schon früher in Geseke ratsbürtig gewesen waren, dadurch ausdrücklich als ratsbürtig anerkannt, dass man ihn zum Camerarius (Kämmerer) wählte, ein Amt, das im allgemeinen die Vorstufte zum Bürgermeister war.

Von seinen Nachkommen interessiert uns hier vor allem sein Sohn Adam Heinrich oder Heinrich, der in 3 Ehen gelebt hat. In erster Ehe war er seit 25.7.1676 verheiratet mit einer Witwe Catharina, deren Familiennamen im Register nicht zu entziffern ist. Aus dem folgenden geht hervor, dass Dispens für die Witwe erforderlich war. Als diese nach kurzer Ehe kinderlos starb, heiratete Adam Heinrich 11.1.1678 die Christine Reineri und nach deren Tode am 28.11.1693 die Margaretha Brandenburg. Adam Heinrich starb als Camerarius. Aus den beiden letzten Ehen gingen eine Reihe von Kindern hervor, unter anderem Maria Josefa geboren 1678, Zwillinge, Mädchen, Anna Margaretha und Gertrud geb. 1679, Clara Anna geb. 1685, Johannes geb. 1686, Gertraud geb. 1687, Theodor geb. Dez. 1696, Bernard Heinrich geb. 14.9.1694. Konrad Wilhelm geb.1.1.1700.

Von diesen Kindern war Bernard Heinrich zunächst Pfarrer in Hirschberg, er starb am 29.11.1737 zu Geseke als Hofkaplan des Kurfürsten von Köln und Vikar St. Annae et St. trium regum der Kirche St. Petri Stadtkirche.

Konrad Wilhelm Hillenkamp, Bürgermeister von Geseke, verheirate sich am 21.Oktober 1723 mit Brigitta Rump, Schwester des Bürgermeisters Dr. Bernhard Rump zu Geseke.

Aus dieser Ehe gingen hervor:

  1. 1724 Maria Juliana, verheirate mit Theodor Hesse in Geseke, 1726 Adam Heinrich, Bürgermeister von Geseke, verheiratet mit Anna Margareth Sophia Röingh aus Rüthen,
  2. 1731 Anna Brigitta Margarate,
  3. 1736 Johannes Christoforus verheiratet 1765 mit Elisabeth Saalmann. Tochter des Dr. Saalmann aus Rüthen.
  4. 1739 Heinrich Wilhelm Konrad starb 2.12.1800 als Vikar zu Geseke.
  5. 1742 Maria Gertrud Fanziska Elisabeth,
  6. 1744 Anna Maria Ursula Franziska verheiratet 1765 mit dem Bürgermeister Anton Röingh in Rüthen.

Die Nachkommen von Christoph Hillenkamp, Bürgermeister von Geseke, sind in der bereits vorhandenen Familienchronik richtig aufgeführt.

Da die Kinder von Jobst Hillenkamp bis zum Jahre 1660 in der Stiftskirche, von diesem Jahre an aber stets in der Stadtkirche getauft sind, so ist anzunehmen, dass Jobst Hillenkamp zunächst in der Stiftspfarre, vom Jahre 1660 an aber in der Stadtpfarre und zwar in dem jetzt Bühlmeierschen Hause auf dem Hellweg gewohnt hat, von wo die Familie Hillenkamp sowohl ihren reichen Grundbesitz (von dem noch um 1800 herum 1200 Morgen Familieneigentum waren) verwaltet hat als auch gleichzeitig einen großzügigen Wirtschaftsbetrieb für die reisenden Kaufleute unterhielt, der in damaliger Zeit in der Hochblüte der Landstrassen eine gute Einnahmequelle gewesen sein muss.

Dieses alte Haus mit reichen Gebäulichkeiten herum und großen Stallungen und Wirtschaftsgebäuden ist im Jahre 1880 in anderen Besitz übergegangen. Wilhelm Hillenkamp hat über der Eingangstür folgendes Distichon ausschnitzen lassen:

„DANTE DEO POSITAE SINT AC OPE VIRGINIS AEDES CONJUGIBUS NOBIS HOSPITIBUSQUE BONIS“

Zu beiden Seiten dieses Spruches waren die in Holz geschnitzten Wappen der Familien Hillenkamp und Rump angebracht, die nach dem Verkauf des Hauses im Jahre 1880 weggenommen wurden und sich heute im Besitze der Frau Baurat Hillenkamp, Geseke, befinden.

Vielleicht übernimmt einer der Nachfahren dieses alten Bauerngeschlechtes, in einer Sonderzusammenstellung mal aufzuzeichnen auf welchen Gebieten des öffentlichen Lebens hauptsächlich die Familie und ihre Mitglieder hervorgetreten sind; erinnert sei in dieser Verbindung nur an die auffallende Tatsache, dass eine große Schar der Hillenkamp´s tüchtige und bekannte Juristen waren und auch heute noch sind und dass auf der andern Seite die Familie auch viele hervorragende Verwaltungsbeamte, Geistliche und Offiziere hervorgebracht hat, wie denn überhaupt die Feststellung interessant ist, dass die Familie Jahrhunderte lang ausgezeichnet war durch ihr festes Eintreten für den Staatsgedanken und das Staatsganze, auch wenn es einmal zum Nachteil des betreffenden Mitgliedes war.

Diese Zusammenstellung ist angefertigt von Walter Hillenkamp, Düsseldorf, nach den Aufzeichnungen und Forschungen seines Vaters, Rechnungsrat Rudolf Hillenkamp.